Print vs. Online
Die Welt, in der wir heute leben, ist global vernetzt. Kein Punkt auf dieser Erde, an dem wir nicht erreichbar sind. Schuld daran ist schlicht und ergreifend das Internet, das seinen öffentlichen Siegeszug vor 20 Jahren antrat und nun die hinterlegensten Gegenden und abgeschottesten Kulturen dieses Planeten im wahnwitzigen Eiltempo erobert.
Die Datenmenge der verfügbaren Informationen wächst unaufhörlich in jeder Nano-Sekunde, alles und jeder scheint sofort auf Knopfdruckverfügbar zu sein. Wie steht es in so einer multimedialen Welt um ein Medium wie der Zeitung, die sich seit Ihrer Einführung vor rund 400 Jahren in ihren Grundprinzipien eigentlich nicht verändert hat?
Zeitungen im Internetzeitalter
Das Hauptproblem eines Druckmediums, das den Anspruch auf Informationsweitergabe und Aktualität erhebt, ist in Zeiten des Internets augenscheinlich die Tatsache, dass es eben gedruckt werden muss. Streng genommen beinhaltet jede gedruckte Zeitung aufgrund des Zeitverlustes durch analogen Vertrieb schlichtweg Nachrichten aus der Vergangenheit. Wer aktueller informiert sein möchte, dem genügen ein paar Clicks im World Wide Web und schon finden sich Nachrichten aus aller Welt nahezu in Echtzeit. Als schmückendes Beiwerk gibt es dazu Unmengen an Fotos und für manch Lesefaulen auch gleich ein paar Bewegtbilder. Hier kann die Zeitung, das “Medium der toten Bäume”, wie es Bodo Hombach, der Geschäftsführer WAZ-Mediengruppe gerne ausdrückt, natürlich nicht mithalten.
Die Zeitung, wie wir sie kennen, scheint überholt. Die spürbaren Folgen sind sinkende Leserzahlen, starker Rückgang der Anzeigenverkäufe, Einbrüche bei Auflagen und letzlich sogar betriebsbedingte Kündigungen in den Verlagen und Redaktionen. Doch sind diese Folgen unumkehrbar? Oder macht es sich eine ganze Industrie von Printmedien-Schaffenden schlichtweg zu einfach, mit dem ausgestreckten Finger auf das übermächtig erscheinende Internetmonster, das schneller, interaktiver und billiger zu sein scheint, zu zeigen? Waren diese Entwicklungen nicht vorhersehbar und damit vermeidbar und – bieten sie nicht ganz neue Geschäftsfelder, die nicht im Widerspruch mit dem Herausgeben von Zeitungen und Zeitschriften in herkömmlicher Form stehen?
Monetarisierungsmodelle
Einige Verlage haben bereits die Vorteile des Internets erkannt und bieten parallel zum gedruckten Kerngeschäft Online-Formate an, ohne dabei auf journalistische Qualität zu verzichten. Gefragt sind hier schlaue Verleger mit noch schlaueren Geschäftsmodellen. Um an dieser Stelle einen Vergleich zu wagen: Auch die Musikindustrie singt seit Jahren ihr immer lauter tönendes Klagelied der Umsatzeinbußen aufgrund illegaler Downloads im Netz. Doch gleichzeitig schauen sie tatenlos zu, wie offensichtlich innovativere Firmen es verstanden haben, E-Commerce-Modelle zu entwickeln, die auf die neue Marktsituation abgestimmt sind. Manche Unternehmen wie Apple gehen sogar einen Schritt weiter und etablieren z.B. mit iTunes erfolgreich ein Portal für Musik, dass sich per Bezahl-Downloads finanziert und bislang seinesgleichen sucht.
Auch wenn dieser Vergleich ein wenig hinkt, sollte die Botschaft doch klar sein: Wer auf seinen Berichten, Interviews, Reportagen und Kolummnen nicht sitzen bleiben möchte, der muss sich Möglichkeiten überlegen, diese neben dem Offline-Geschäft eben auch online zu vermarkten, und das eigentlich schon bis gestern. Die bisher erprobten Modelle reichen da von frei zugänglichen Inhalten und der Finanzierung über Display-Werbung über den Download einzelner Artikel direkt auf E-Reader, Smartphone oder Tablet bis hin zu digitalen Formaten mit Abonnement-Charakter sowie weiterführender Literatur im eigenen Online-Shop.
Alles ist stets im Wandel
Ergo ist die gute alte Zeitung nicht dem Tode geweiht, auch wenn täglich neue Hiobsbotschaften kursieren. Die Zeitung muss sich nur in der Form per se, in der wir sie bislang kannten, verändern und ihren Platz in der Welt digitaler Kommunikation neu ausloten. Diese Metamorphose ist nicht nur zwingend, sie ist auch eine Chance für alle Verlagshäuser, ihre strategischen Planungen zu überdenken und gleichzeitig altbackene Strukturen aufzulösen. Schließlich war – und dieser Vergleich trifft es dann doch auf den Punkt – die Erfindung des Buchdrucks auch nicht das Ende des Gelehrtenwissens, wie es die Kirche weiland befürchtete. Und auch Sokrates lag in seiner sorgenvollen Hypothese falsch, dass durch die Aufzeichnung geistreicher Dialoge in Form von Skripten niemand mehr komplexe Gedankengänge nachvollziehen könne, da man sie ja nicht mehr auswendig lernen müsse. Das Wissen dieser Welt ließ sich noch nie aufhalten.
Auch das Medium Internet ist langfristig gesehen nur ein vorübergehender Augenblick auf der Timeline des exponentiell wachsenden, globalen Wissensstandes auf dem Weg hin zum ewiguniversellen Wissenszustand in weit entfernten Zeitaltern. Ob die Zeitung diese Entwicklung begleiten wird, ob gedruckt oder digital, vermag man an dieser Stelle nicht zu sagen – klar ist jedoch, dass sie Ihre Daseinsberechtigung in den nächsten Jahren auf den Prüfstand stellen und sich wandeln muss, um weiter konkurrenzfähig zu sein.
Der Ausbau des Online-Angebots und die Neuausrichtung von Formaten und Inhalten, die den Status der Unverzichtbarkeit gerade aufgrund ihrer Druckform inne haben, sind zwei Seiten ein und derselben Schallplatte voller Zukunftsmusik. Eines darf man jedoch bei all den düsteren Zukunftsvisionen nicht vergessen: Solange es Menschen gibt, gibt es das Bedürfnis nach Information. Und wo Information, wo Nachricht ist, da ist auch Journalismus. Und der wird zweifelsfrei überleben, egal welcher Medien er sich letztlich bedienen mag.
Und das beruhigt dann doch ein wenig in dieser ach so vernetzten Welt.